REZ_Sillack

AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG am 19.09.2005 in der Jugendkunstschule Dresden

REGINA BÖHM „AUGENBLICKE“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kunstfreunde.

Ganz herzlich begrüße ich Sie zur Ausstellungseröffnung von Regina Böhm.

Ich beginne mit einem kleinen Gedicht von Andreas Semdner

„ Domino “
 Aufsteigen und fallen,
Niederung doch bezwing,
Kenntnis geben allen,
empor der Weg sich schwingt.

Fragen bleiben offen,
über lange Strecken,
Rat wird angetroffen,
Antwort aufzuwecken.

Lauter kleine Teile,
lagern im Mosaik,
einmal dann verweile,
ständig suchender Blick.

Mit unermüdlicher Kraft und Lust zu malen dichtet, träumt und musiziert Regina Böhm mit der Farbe und gewinnt diesem Instrument unerhörte, ja faszinierende Klänge ab. Intellekt und Gefühl, Kälte und Glut, Askese und Sinnlichkeit, Fantasie und überlegter Einsatz der Mittel gehen Hand in Hand. Durch Farbe werden Bilder gegliedert. Der Künstlerin ist, glaube ich, wichtig, daß sich Künstler und Adressat, also wir, nicht aus den Augen verlieren, sondern stille Zwiesprache halten und an ein gemeinsames Ziel gelangen. Das Ziel ist das Bedürfnis, neben der von Vernunft und Rationalität bestimmten Wirklichkeit noch jene andere Welt zu entdecken, die Welt unserer Seele, unserer Gefühle und Träume.

Hier sehen wir keine Naturabbilder, sondern gedankenorientierte Sinnlichkeit. Es sind Arbeiten, die auf das Gewordensein verweisen, auf Lebensumstände, auf die Vergänglichkeit und auf die Gegenwart, auf den Augenblick für den, und in dem nur gelebt werden kann.

Carpe Diem! Die grenzenlose Lust zu leben, nutze den Tag. Kunst als Lebenselixier, so könnte man sagen.

Sie kennt kein Fernweh, sie träumt und zeichnet von zu Hause aus. Ihre Bilder wachsen wie Pflanzen, jeden Tag ein Stück, unbeeindruckt von Börsenkursen und Wahlkämpfen.

Regina Böhm spielt die Kontraste zwischen Formen, Farben und Rhytmen gegeneinander aus. Sie wählt verschiedenste Bildformate, die räumlich und inhaltlich bedingt sind. Traditionelle Bildmaße werden kaum verwendet.

Sie fordert uns heraus, den Alltag anders zu sehen, zu erleben. Stilfindung scheint Regina Böhm nicht vordegründig zu sein, aber Formfindung. Formfindung für das, was sich in ihrem langen Leben aufgestaut hat.

Sie spielt mit geometrischen Formen, Kreisen, Schwüngen oder Linien, auch werden Bilder gezeigt, die wie Mosaiksteine zusammengesetzt sind. Ein Wechsel zwischen Ruhe, Ausgewogenheit und Dynamik ist zu erkennen, wie zum Beispiel auf den Bildern „Hockende“, „Erschrockene“ und „Margerite“.

Regina Böhm nimmt in ihrer unmittelbaren Umwelt, in der Natur, in und um ihre Heimat Pesterwitz räumliche Situationen, Farbklänge auf und spiegelt diese mit Fantasie spontan in ihren Bildern wieder. Sie bearbeitet die Bilder so lange, bis ihr ein angenehmer Klang durch Farbe und Komposition gelungen ist.

Immer spielt dabei ihre eigene Fantasie eine große Rolle. Sie verwendet kraftvolle Farben, um eine muntere Klangwelt mit großzügigen Pinselstrichen zu schaffen.

Entstandene Arbeiten bilden einen Farb- und Formenkanon. Es sind poesievolle, humorvolle Bild- und Klangkompositionen. Wir können uns hineinträumen.

Sie beschreibt sehr genau ihre inneren Befindlichkeiten und versucht, eine Beziehung von Träumen und Sehnsüchten herzustellen.

Rechts neben dem Eingang sehen Sie einige Collagen von Regina Böhm. Diese Arbeiten zeigen eine surreale Welt voller Geheimnisse. Von Materialien und Strukturen angeregt, experimentiert sie mit voller Begeisterung, sie klebt Schnipsel, reißt Zeitungsausschnitte, Fotos, grafische Bilder. Nicht auf den ersten Blick kann man ihre Bilder entschlüsseln. Löcher und Durchblicke tun sich auf, Vernetzungen, Zerstörungen. Man glaubt, diese Bilder auf den ersten Blick zu erfassen, doch im nächsten Moment entzieht es sich wieder der Deutung.

Eine andere Wand ist mit Kohle- bzw. Kreidezeichnungen versehen. Die Portraits sind keine direkten Abbilder. Von innen heraus kommt die Melodie, der Duktus, den sie zu Papier bringt. Das macht diese Portraits besonders reizvoll.

Ich glaube, daß Regina Böhm sagen könnte, es gibt beim Malen einen Moment, da man an den Urgrund seiner Seele anlangt. Es ist das Gefühl der vollkommenen Anstrengung und des vollkommenen Glücklichseins.

Es ist ein Gefühl, das man nicht mehr missen möchte. Der einzige Moment, um zu sich selbst zu gelangen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Betrachtung und Eroberung der Bildwelten, der „Augenblicke“, von Regina Böhm, und der Künstlerin wünsche ich weiterhin Gesundheit und einen schöpferischen Dialog zwischen Seele, Form und Farbe.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

   Angelika Sillack, Galerie Sillack Dresden

Copyright 2006,2007 - Regina Böhm - letzte Aktualisierung : 7.1.2017